Schon am frühen Morgen war absehbar, dass das kein „normaler“ Dienstag werden würde: Die Parkplätze an der Vitusstraße, sonst zu Markttagen voll belegt, waren wie leergefegt. Die wenigen Menschen, die in der Innenstadt unterwegs waren, suchten sich vor allem schattige Plätzchen unter Bäumen. Auf dem Marktplatz waren wegen der Hitze nur wenige Händler vertreten. Einen Blumenstand suchte man beispielsweise vergebens.
Nadine Jesse war mit dem Eier- und Geflügelwagen allerdings vor Ort – obwohl diese Waren bei den hohen Temperaturen sehr empfindlich sind. „Man sollte eine Kühltasche mitbringen und dann mit dem Fleisch zügig nach Hause gehen“, empfahl sie ihren Kundinnen und Kunden. Weniger hitzeanfällig ist das Obst und Gemüse, das Jan Abels aus Wesel auf dem Wochenmarkt verkauft - auch gestern. Alle Hände voll zu tun hatte man in Hertens Eisdielen. Rodolfo Calamini hatte bis in die Nacht in der Eisküche gestanden und Eis produziert - aus frischen Zutaten, versteht sich -, um für den erwarteten Ansturm gerüstet zu sein. Gabriele und Matthias Keller aus Herten gingen den Hitze-Tag an der Eisdiele Ciprian ganz entspannt an. Dort ließen sie sich von Mitarbeiterin Romina einen Affogato (Espresso mit einer Kugel Vanilleeis) servieren. „Wir sind ganz bewusst hierhin gekommen, weil es so heiß ist“, sagte Matthias Keller.
Beschattungsanlage für Patientenzimmer
In den Krankenhäusern unserer Stadt war man auf die Hitze vorbereitet. Generell gelte dort das Gleiche wie Zuhause, hieß es aus dem Gertrudis-Hospital: morgens bzw. abends lüften und viel trinken. Die neue Beschattungsanlage habe man zum Sommerbeginn in Betrieb genommen, sodass in den Patientenzimmern in Westerholt Sonnenblenden für den nötigen Schatten sorgen. Wie auch im St.-Elisabeth-Hospital im Schlosspark seien Funktionsräume wie OP, Intensiv-Station und Endoskopie klimatisiert.
Dr. Dietmar Wulfert, Notarzt und leitender Oberarzt der Altersmedizin im St.-Elisabeth-Hospital, rechnet dieser Tage vermehrt mit älteren Patienten, die wegen der Hitze behandelt werden müssen. „Viele ältere Menschen sind nicht gut mit Flüssigkeit versorgt, weil sie sagen: ‚Wenn ich viel trinke, muss ich öfter zur Toilette und das will ich nicht.‘ Wenn sie dann über die Atmung und das Schwitzen viel Flüssigkeit verlieren, trocknen sie schnell aus.“
Durst fühlt man im Alter nicht mehr so stark
Auch sei das Durstgefühl im Alter nicht mehr so ausgeprägt. „Wichtig ist, dass ständig ein Getränk in Sichtweite steht und man sich kontinuierlich selbst dazu verleitet, einen Schluck zu trinken. Nicht erst warten, bis die Zunge am Gaumen klebt.“ Grundsätzlich seien zwei, drei warme Tage gut zu handeln, doch wenn es über mehrere Wochen heiß bleibe, häuften sich die hitzebedingten Behandlungsfälle. Dann kämen vermehrt ältere Menschen, die zum Beispiel verwirrt, weil dehydriert seien, die eine Störung im Salzhaushalt hätten oder Kreislaufprobleme, etwa niedrigen Blutdruck. Und der Mediziner warnt: „Wenn jemand kollabiert und umkippt, kann das dazu führen, dass ein internistisches zu einem unfallchirurgischen Problem wird.“ Im Klartext: Wenn jemand zu wenig trinkt und stürzt, kann er sich dabei zum Beispiel einen Bruch zuziehen.
Doch was soll man bei der Hitze eigentlich trinken? Tina Marczinski vom Yoga-Studio „TiMana“ auf der ehemaligen Zeche Schlägel & Eisen in Langenbochum klärt auf: Um den Körper bei der Flüssigkeitszufuhr nicht unnötig unter Stress zu setzen, seien nicht etwa eiskalte, sondern lauwarme Getränke wie zum Beispiel Minztee ideal.
Beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) an der Gartenstraße bewahren die Beschäftigten trotz Hitze einen kühlen Kopf. Denn nach Angaben von DRK-Vorstand Ralph Hoffert sind alle Leitstellenarbeitsplätze des DRK Herten für den Hausnotruf und den medizinischen Transportdienst klimatisiert. „Das freut die Mitarbeiter, denn ein konzentriertes Arbeiten ist hier unumgänglich. Daher machen die heißen Außentemperaturen im DRK-Haus erst einmal kein Problem. Nur ausfallen dürfen die Anlagen natürlich nicht…“, so Hoffert. In der Pause gibt´s für die Mitarbeiter auf der DRK-Wache bei der Hitze kostenloses Slush-Eis. Auch für Paketboten, die einen schweißtreibenden Job machen, erklärte der Hertener DRK-Chef.
Darf man bei diesem Wetter eigentlich trainieren? Einige Regeln sollte man dabei auf jeden Fall beachten, erklärte Ansgar Lastic von der Krauftkaue auf Schlägel & Eisen: Prinzipiell sollte man sich wohl und fit fühlen. „Bei der Hitze ist unser Herz-Kreislauf-System stärker belastet. Und ein Training ist zusätzlicher Stress für den Körper. Wenn ich mich nicht so gut fühle, sollte ich es besser sein lassen. Ansonsten gelten allgemeine Regeln wie: vermehrt Flüssigkeit zu sich nehmen, wenn man Sport macht, bei den Temperaturen, noch mehr als sonst und lockere Kleidung tragen.“
Bei Rollrasen Bertlich lief auf den insgesamt rund 50 Hektar Fläche der Rasensprenger auf Hochtouren. Arndt Bertlich, Junior-Chef der Firma, hat ein paar Tipps, wie man seinen Rasen zu Hause auch bei Hitze in Hochform halten kann: „Das Wichtigste ist, dass man bei diesen Temperaturen schon frühzeitig das Mähen einstellt, da der Rasen bei jedem Schnitt Wasser verdunstet. Und zu Hause sollte man möglichst versuchen, abends zu bewässern – das spart auch noch ein bisschen Wasser.“
Einen schweißtreibenden Arbeitsplatz hat Semra Bilican vom Imbiss am Schacht auf Schlägel & Eisen per se. Doch bei den hohen Temperaturen war es an Grill und Fritteuse noch anstrengender als sonst. Lange blieb der Imbisswagen nicht geöffnet, denn es wagten sich kaum Menschen aufs Zechengelände, wo wir nachmittags mehr als 40 Grad im Schatten gemessen haben. Semra Bilican freute sich: Nach der Arbeit ging es in den Pool im heimischen Garten.
Quelle: Recklinghäuser Zeitung