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Keine „DRK-Telefonhilfe“ für Senioren in Herten – Ralph Hoffert: „Gute Idee, schwierige Umsetzung“

Ralph Hoffert vom Hertener DRK steht dem "Rufus-Telefonfilter", der insbesondere ältere Menschen vor Telefonbetrügern schützen soll, eher skeptisch gegenüber. Foto: dpa/Oliver Prause

Betrüger nutzen oft falsche Identitäten, um Angst zu verbreiten. Ihre „Fake-Anrufe“ soll der „Rufus-Telefonfilter“ blockieren. Laut Ralph Hoffert (DRK) gibt es jedoch auch Tücken im System.

Sie sind mit allen Wassern gewaschen und haben bevorzugt Menschen im Seniorenalter im Visier: Trotz Internet und Co. dient Betrügern das gute, alte Telefon nach wie vor als Hauptangriffsfläche. Pfiffige technische Lösungen sollen der Gefahr, durch unbedachte Äußerungen oder falsches Verhalten im schlimmsten Fall viel Geld zu verlieren, aber einen Riegel vorschieben. Auf eine, die unter anderem das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in Essen anbietet, weist HA-Leser Werner Klepker hin.

Wir haben bei Ralph Hoffert, Vorstand des heimischen DRK, nachgefragt, was er von dem Angebot hält.

In der Hertener Allgemeinen gab es in den vergangenen Monaten mehrere Berichte über Trickbetrügereien per Telefon gegen ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger. Auch Werner Klepker hat damit leider schon Erfahrungen gemacht, wie er berichtet: „Als Angehörige einer an Demenz Erkrankten waren wir täglich mit dubiosen – teilweise internationalen – Telefonanrufen konfrontiert und standen denen hilflos gegenüber. Krankheitsbedingt konnten wir weder erfahren, was gesprochen wurde, noch wer angeblich angerufen hatte. Die Nummern aus der Anruferliste waren überwiegend gefälscht.“

„Rufus-Telefonfilter“ hat fünf Sicherheitsstufen

Bei der Suche nach einer wirksamen Lösung gegen die „Fake-Anrufe“ solch gerissener Telefonbetrüger wurde er bei einem jungen deutschen Startup-Unternehmen fündig, „das die Lösung für unsere Probleme in Form eines kleinen Gerätes entwickelt hat“: den „Rufus-Telefonfilter“. „Er wird einfach zwischen dem Festnetz-Telefonanschluss und dem Telefon bzw. der Basisstation integriert“, erklärt unser Leser weiter. Nach seiner Aussage gibt es fünf verschiedene Sicherheitsstufen: „Wir haben die höchste Stufe gewählt, seitdem werden keine unerwünschten Anrufe mehr zum Telefon durchgestellt.“ Zudem sei die Konfiguration denkbar einfach.

Das sieht Ralph Hoffert etwas anders: „Beim Einsatz des Gerätes muss man jede sichere Rufnummer gesondert freigeben. In dem Moment, wo jemand aber etwa eine neue Handynummer bekommt und anruft, kommt er mit dieser Nummer nicht mehr durch. Das heißt, das System muss gepflegt werden – und das können viele Senioren in der Regel nicht, sodass doch Hilfe von außen benötigt wird“, sagt der DRK-Vorstand.

„System arbeitet nicht mit der IP-Telefonie“

Und es gäbe noch einen weiteren Fallstrick: „Das System arbeitet nicht mit der IP-Telefonie. Man muss das Ganze erstmal auf den analogen Bereich zurückbringen. Zwar kann man das mit einem TAE-Stecker über den eigenen Router bewerkstelligen, aber wenn dort nur ein IP-Telefon dran hängt – was vielfach der Fall ist –, funktioniert die Technik eben nicht.“

Trotzdem preisen seine Essener Kollegen das System auf ihrer Webseite unter dem Stichwort „DRK-Telefonhilfe“ an. Beim Hertener DRK findet man online dagegen nichts dazu: „Wir hatten das System zwar auch mal zum Testen hier, haben uns aber relativ schnell wieder davon verabschiedet. Es ist zwar eine gute Idee, aber letzten Endes vor Ort doch schwierig umzusetzen“, sagt Ralph Hoffert.

Polizei klärt über Telefonbetrug auf

HA-Leser Werner Klepker findet den „Rufus-Telefonfilter“ dagegen richtig gut. Er hat sich sogar mal die Mühe gemacht und die Protokolldaten des Geräts ausgewertet: „Ob man es glaubt oder nicht: Es gibt Nummern, die in einem Zeitraum von sieben Monaten mehr als 100 Mal versucht haben, Kontakt aufzubauen.“

Die Problematik der nicht enden wollenden Betrugsmaschen per Telefon hat man auch im Polizeipräsidium Recklinghausen längst erkannt – und versucht, mit einer umfangreichen Informationskampagne die Haupt-Zielgruppe der Kriminellen vor fatalen Fehlern zu bewahren. Auf einer eigenen Internetseite klärt die Behörde ältere Menschen über falsche Polizeibeamte und andere Betrüger am anderen Ende der Leitung auf: https://kurzelinks.de/i1gl

Tipps gegen Betrüger am Telefon:

Die Polizei empfiehlt:

  • Geben Sie am Telefon keine Details zu Ihren finanziellen Verhältnissen preis.
  • Lassen Sie sich am Telefon nicht unter Druck setzen. Legen Sie einfach auf.
  • Vorsicht: Bei den Anrufen nutzen die Täter oft eine spezielle Technik, die bei einem Anruf auf der Telefonanzeige der Angerufenen die Polizei-Notrufnummer 110 oder eine andere örtliche Telefonnummer erscheinen lässt.
  • Lassen Sie grundsätzlich keine Unbekannten in Ihre Wohnung.
  • Fordern Sie von angeblichen Amtspersonen, zum Beispiel Polizisten, den Dienstausweis und prüfen Sie ihn sorgfältig auf Druck, Foto und Stempel.
  • Rufen Sie beim geringsten Zweifel bei der Behörde an, von der die angebliche Amtsperson kommt. Suchen Sie die Telefonnummer der Behörde selbst heraus oder lassen Sie sich diese durch die Telefonauskunft geben. Wichtig: Lassen Sie den Besucher währenddessen vor der abgesperrten Tür warten.
  • Die Polizei wird Sie niemals um Geldbeträge bitten.
  • Übergeben Sie niemals Geld an unbekannte Personen.

Quelle: Recklinghäuser Zeitung