Deutschland ist leider auf vielen Ebenen nicht ausreichend auf Krisen- und Katastrophen vorbereitet. Neben den dringend benötigten Investitionen in den Zivil- und Katastrophenschutz sowie im Gesundheitsbereich allgemein – die ich hier ja immer wieder thematisiere – spielt auch die Stärkung der Resilienz innerhalb der Bevölkerung eine wichtige Rolle.
Ein Schlüssel sind hier Erste-Hilfe-Kurse mit Selbstschutzinhalten, kurz „EHSH“. Dadurch wäre die Bevölkerung eher und sehr viel besser in der Lage, sich in Krisensituationen selbst zu helfen und zu schützen. Das Gute daran: Die Kosten dafür sind gering und der Effekt wäre groß.
Positiv ist, dass im Bundestag Konsens besteht, dass diese Vorhaben wichtig und gut sowie auch in den Jahren 2025 – 2029 im Bundeshaushalt zu berücksichtigen sind. Ein guter Schritt, der aber aus meiner Sicht noch nicht ausreichend ist. Ein Blick auf die Zahlen verrät warum: Die aktuell beabsichtigte Förderung sieht nur die Ausbildung von 450.000 Personen im Zeitraum 2025 bis 2029 vor. Um die Fähigkeiten zur Selbsthilfe in der Bevölkerung in dem Maße aufzubauen, wie diese im Krisenfall benötigt würden, müsste jeder zehnte Haushalt bzw. vier Millionen Menschen geschult werden. Soll dies innerhalb der gesetzten Fünf-Jahres-Frist gelingen, müssten jedes Jahr 800.000 Personen ausgebildet und entsprechend die vorgesehenen jährlichen Mittel verzehnfacht werden. Als Deutsches Rotes Kreuz stehen wir bereit, mit anderen anerkannten Hilfsorganisationen zusammen, die dafür nötigen Kapazitäten zur Verfügung zu stellen. Die Kurse sind im Rahmen des EHSH-Projekts kostenlos.
Ebenfalls wichtig wäre die Finanzierung der Ausbildung von Pflegeunterstützungskräften, welche dann in einer Ausnahmesituation beispielsweise im privaten und gesellschaftlichen Umfeld unterstützen könnten. Dies wäre mit einem geringen zweistelligen Millionenbetrag möglich, also einem Betrag, der im Vergleich zum Bundeshaushalt minimal ist, aber dessen Wirkung im Krisen- und Konfliktfall von enormer Bedeutung wäre.
Und eine im wahrsten Sinne des Wortes Herzensangelegenheit für mich ist, dass Jugendliche ab dem 7. Klasse in zwei Unterrichtsstunden jährlich geschult werden. Eine bundesweite Aufnahme in die Lehrpläne würde langfristig zur sicheren Anwendung im Notfall beitragen und den Gesundheitsbereich entlasten. Bisher findet leider an zu wenigen Schulen Erste-Hilfe-Unterricht statt. Und wenn wir bei Herzensangelegenheiten sind: Schulungen zur Laienreanimation sind grundsätzlich wichtig, nicht nur in der Schule, sondern z.B. auch am Arbeitsplatz.
Verhältnismäßig geringe Kosten, ein großer individueller und gesellschaftlicher Nutzen – aus meiner Sicht spricht wenig dagegen und sehr viel dafür, dass die künftige Regierung dieses Thema stärkt. Ich würde mir, auch wenn Weihnachten schon vorbei ist, wünschen, dass eine bundesweite und wirklich umfassende Förderinitiative zur Stärkung der Resilienz der Bevölkerung im Krisen- und Konfliktfall aufgelegt wird.