Rund 560 Menschen aus der Ukraine leben aktuell in Herten. Viele haben bei Bekannten oder in Wohnungen, die die Stadt und Privatleute zur Verfügung stellen, Unterschlupf gefunden. Etwa hundert Leute waren zuletzt noch in den Unterkünften des „Waldritter“-Vereins in der Innenstadt sowie im Mädchenwohnheim des ZBI-Moscheevereins auf dem Paschenberg untergebracht. Doch diese Aufteilung ändert sich jetzt.
Die Betreuungsverträge von Waldrittern und ZBI mit der Stadt Herten sind ausgelaufen. „Fast alle Gäste, die dort untergebracht waren, konnten in Wohnungen im Stadtgebiet umziehen“, berichtet der städtische Sozialdezernent Hermann Pieper. Doch für etwa zehn Ukrainer, auch Frauen mit Kindern, habe man keine neue Bleibe gefunden. Sie leben jetzt – so wie alle weiteren Flüchtlinge, die noch kommen – zunächst einmal in der neuen Zentralunterkunft.
Argiro Kamarianaki: „Ich bin total entsetzt“
Entstanden ist diese in den seit Jahren weitgehend leerstehenden Räumen der früheren Grundschule am Wilhelmsplatz sowie in der benachbarten Karl-Schweisfurth-Turnhalle. Mitglieder der Hertener Ukraine-Hilfskonferenz (Stadt, Politik, DRK, Waldritter, Jobcenter usw.) haben die Räume vorab besichtigt. Die Äußerungen mancher Teilnehmer schwankten zwischen Irritation und Verärgerung. „Ich bin total entsetzt“, sagte zum Beispiel Argiro Kamarianaki, Mitglied des Integrationsrates. Spartanisch ausgestattete, frühere Klassenzimmer, eine stark fleckige Couch, dünne blaue Laken statt Bettdecken – da schüttelte sie den Kopf.
„Man darf nicht vergessen, das ist eine Notunterkunft“, erklärte Kevin Rybaczyk vom Deutschen Roten Kreuz (DRK), der die Einrichtung leiten wird. Das DRK betreibt die Unterkunft im Auftrag der Stadt Herten. DRK-Vorstand Ralph Hoffert ergänzte, dass fast alle von Bürgern gespendeten Möbel zur Ausstattung der Wohnungen für Ukrainer genutzt worden seien. Da war für die Notunterkunft nicht mehr viel übrig. Und jedesmal, wenn Bewohner ein- und ausziehen, Federbetten o.ä. zu waschen, sei ein enormer Aufwand, den man nicht leisten könne.
Hoffert und Pieper betonten, dass es in der Notunterkunft im Vordergrund stehe, Essen und eine Schlafmöglichkeit sicherzustellen. Alles, was darüber hinausgeht, werde nicht finanziert und müsse über Spenden abgedeckt werden. Hoffert: „Eine Couch finanzieren die Behörden nicht.“
In der Turnhalle stehen ein Kicker-Tisch und Bobby-Cars bereit, im Kellergeschoss des Schulhauses gibt es ein Spielzimmer, der Zentrale Betriebshof hat den Sandkasten auf dem Schulhof neu befüllt. Hier können und sollen sich die Kinder tagsüber austoben. Denn in den Schlafnischen, die in den Klassenräumen mit Bauzäunen und Sichtschutzplanen abgeteilt worden sind, gibt es nicht viel Bewegungsfreiheit.
Geduscht wird draußen in einem Container. Direkt daneben steht ein weiterer, in dem der Sicherheitsdienst untergebracht ist. Darüber hinaus sind rund um die Uhr immer mindestens zwei DRK-Mitarbeiter vor Ort. Hinzu kommen Ehrenamtliche, die Betreuungsangebote übernehmen, beim Umzug in eine Wohnung oder bei Behördengängen helfen usw.
Kaum noch Wohnungen verfügbar
Bis zu 102 Bewohner können in der neuen Zentralunterkunft Platz finden. Die Idealvorstellung ist, dass sie nur wenige Tage bleiben und dann in eine reguläre Wohnung umziehen. Allerdings steht in Herten kaum noch passender Wohnraum zur Verfügung. Wer Wohnungen, Sachspenden oder ehrenamtliche Hilfe anbieten möchte, kann sich per E-Mail an das DRK Herten wenden.
Quelle: Recklinghäuser Zeitung