Manchmal setzen sich Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) oder der Malteser (und auch anderer Hilfsdienste) in ihre Einsatzfahrzeuge und fahren los, ohne ein Ziel zu haben. Der einzige Zweck dieser Fahrt ist es, das Fahrzeug zu bewegen. Das ist vorgeschrieben. Ob diese „Bewegungsfahrten“ in Zeiten von Energieknappheit und hohen Spritpreisen noch eine zeitgemäße Lösung sind, darüber haben wir mit Vertretern des DRK und der Malteser gesprochen.
Dennis Kulik ist Rotkreuzleiter in Haltern am See, Matthias Mersmann leitet den hiesigen Verband der Malteser, Ludger Schlüter ist dort Leiter des Sanitäsdienstes. Die drei erläutern die Fakten:
Das DRK hat in Haltern vier Fahrzeuge im Einsatz, bei den Maltesern sind es zehn, dazu kommen noch Geräteanhänger. "Die Einsatzfahrzeuge sind nicht Eigentum der Verbände, das wäre gar nicht zu stemmen, denn so ein umgebauter Mercedes Sprinter kostet schon ohne die medzinische Ausstattung bis zu 120.000 Euro", informiert Dennis Kullik,
"Vermeidung von Standschäden"
Die Fahrzeuge werden den Verbänden entweder vom Bund oder vom Land NRW zur Verfügung gestellt. „Bund oder Land bleiben Eigentümer, wir sind lediglich Fahrzeughalter“, sagt Matthias Mersmann.
In den meisten Bundesländern gibt es eine Aufgabentrennung: Der Bund stellt Einsatzfahrzeuge für den Katastrophenschutz im Zusammenhang mit militärischen Auseinandersetzungen zur Verfügung, die Fahrzeuge des Landes dienen als Fuhrpark für zivile Katastrophenlagen wie etwa beim Hochwasser an der Ahr im vergangenen Jahr. „In NRW sind die Übergänge aber fließend, diese strikte Trennung gibt es hier nicht“, sagt Mattias Mersmann.
Zur „Vermeidung von Standschäden“, wie es offiziell heißt, müssen diese Fahrzeuge gewartet und auch bewegt werden. Dazu machen Bund und Land unterschiedliche Vorgaben. Bundesfahrzeuge müssen 50 Kilometer im Monat fahren, Landesfahrzeuge sogar 150. Eine jährliche Inspektion ist erforderlich, die Mitarbeiter der Hilfsdienste sind außerdem dafür verantwortlich, die Ausrüstung immer einsatzfähig zu halten.
„So ein Sanitätsfahrzeug herzurichten ist etwa ein Tag Arbeit“, sagt Dennis Kulik, „unter anderem, weil es jedes Mal komplett desinfiziert werden muss.“ Ob die Bewegungsfahrten in diesem Maße notwendig sind, halten die Mitarbeiter für diskussionswürdig. „Natürlich ist es notwendig, die Fahrzeuge einsatzfähig zu halten“, so Matthias Mersmann. „Aber ob es 150 Kilometer im Monat sein müssen, darüber kann man schon diskutieren.“
Dabei sind es weniger die Kosten, die für die Verbände zu Buche schlagen, denn die werden vom Bund pauschal und vom Land nach Abrechnung erstattet. „Die aktuellen Spritpeisentwicklungen werden da aber auch nicht zeitnah berücksichtigt, was außerdem vor allem verloren geht, ist Zeit, viel Zeit für den ehrenamtlichen Einsatz“, sagt Dennis Kulik.
Land NRW sollte neu nachdenken
Wie viel Bewegungskilometer legen die Fahrzeuge zurück? „Das ist nicht einheitlich“, so Ludger Schlüter. „In den Sommermonaten brauchen wir das fast gar nicht zu machen, weil es dann viele Einsätze unter anderem bei Veranstaltungen gibt. Im Winter sind es mehr. Und in den Coronajahren, als nichts stattfand, haben wir fast ausschließlich Bewegungsfahrten gemacht.“
Mit der Ausstattung der Fahrzeuge sind die Mitarbeiter der Verbände dagegen durchaus zufrieden. „Vieles geht mit der Zeit“, sagt Matthias Mersmann. „Auch die Bestellung beispielsweise von medizinischem Material läuft reibungslos, da gibt es nichts zu meckern.“ Lediglich bei den Vorgaben für die Bewegungsfahrten würden sich die Verbände aber ein erneutes Nachdenken auf Landesseite wünschen.
Quelle: Halterner Zeitung