Die Abrisshäuser am Ahornweg in Marl-Hüls sind ein ideales Trainingsgelände: Die Rettungshundestaffel Kreisverband Recklinghausen übt in den verlassenen Gebäuden die Suche nach Menschen. Unterstützung gibt es von der Drohnenstaffel des Kreisverbands Borken. „Die Bedingungen in den Häusern sind ideal“, schwärmt Gruppenführerin Sabine Bahr, „wir sind immer auf der Suche nach unbekanntem Trainingsgelände für unsere Hunde.“ 13 Hundeführer mit 18 Hunden aus dem Kreis Recklinghausen gehören der Einheit an. Sie bilden sieben Teams, die in der Flächensuche (zum Beispiel im Wald) geprüft sind. Ein Team ist für die Trümmersuche ausgebildet. Aktuell bereiten sich fünf Teams auf die Prüfung „Trümmersuche“ im September vor. Da kommt die Übungseinheit in Hüls, die über die Feuerwehr Lenkerbeck eingefädelt wurde, genau zur rechten Zeit.
Sabine Bahr steht mit ihrem belgischen Schäferhund Timmy an der Tür eines Hauses. Wegen der Hitze verzichten alle auf die übliche Schutzausrüstung. Timmy wartet darauf, von der Leine gelassen zu werden. Dann stürmt er in den Keller (wo Birgit Nobis hinter einer Tür sitzt), zurück ins Erdgeschoss und nach oben Richtung Dach. „Er muss jetzt erstmal Witterung aufnehmen“, erklärt Sabine Bahr, die mit dem Zweijährigen trainiert, seitdem er ein Welpe ist.
„Menschen sind etwas Tolles“
Timmy kommt die Treppe von oben eilig wieder herunter und biegt direkt auf die Kellertreppe ein. Er ist sich seiner Sache jetzt sicher, bleibt im Keller vor einer Tür in der Wand stehen und bellt. Sabine Bahr gibt Birgit Nobis ein Zeichen. Bevor sie aus dem Versteck tritt, reicht sie durch die Tür eine Belohnung an. Timmy merkt man seine Freude an – für ihn ist das eine Art Spiel. „Wir bringen den Hunden von Anfang an bei, dass Menschen etwas Tolles sind. Sie sind positiv besetzt – sie haben Spielzeug oder Leckerchen“, erläutert Sabine Bahr.
Jetzt ist Alva an der Reihe. Die Dalmatinerhündin ist acht Jahre alt und gehört zu Nicole Giesing. Eigentlich sollte Alva zum Reitbegleithund ausgebildet werden, aber Nicole Giesing merkte damals, dass ihr Hund gerne die Nase einsetzte. Als Ärztin kannte sie die Rettungshundestaffel Dortmund, fing dort an und fand in der Recklinghäuser Staffel später ihre Heimat. „Wir trainieren mindestens einmal die Woche, oft sogar zwei- bis dreimal“, erzählt Nicole Giesing. Ihrer Hündin folgt sie nun zügig ins Dach. Dort bellt diese laut eine Wand an. „Prima“, sagt Nicole Giesing – das Kennwort, bei dem alle wissen, dass die Aufgabe gelöst ist. Erst gibt es wieder die Belohnung, dann kommt Birgit Nobis aus einer Tapetentür.
Birgit Nobis hat die Rettungshundestaffel im Jahr 2005 mitbegründet. Zwei Hunde hat sie vor ihrer aktuellen Hündin Grina schon als Retter an ihrer Seite gehabt. Einsätze hat sie mit ihnen mehrere mitgemacht, allerdings noch nie jemanden selbst gefunden. „Das ist am Ende tatsächlich ja auch mehr Zufall“, erklärt Angela Sieber, die im 13. Jahr – und ebenfalls schon mit dem dritten Hund – dabei ist. Im Einsatz bekomme die Staffel eine feste Fläche zugewiesen, die abgesucht werden muss. „Wenn wir am Ende mit unseren Hunden durch sind, weiß die Polizei, dass in diesem Stück keine lebende Person ist“, sagt Angela Sieber. Und da sich mehrere Staffeln bei einem Einsatz Gebiete untereinander aufteilen, ist es am Ende eben mehr Zufall, wer eine gesuchte Person findet.
Suche nach demenzkranken Menschen
Ein typischer Fall, zu dem die Staffel gerufen wird, sei die Suche nach demenzkranken Menschen. Beim letzten Einsatz in Hagen war die Ausgangslage etwas kurios. In einem Wald wurde ein Kinderwagen gefunden, der so aussah, als hätte vor kurzem noch ein Kind drin gesessen. „Wir haben das Gelände abgesucht, aber auch niemanden gefunden“, erzählt Sabine Bahr. Als die Polizei die Öffentlichkeit danach über den Kinderwagen informierte, meldete sich prompt ein Mann. Seine Frau sei mit dem Kind unterwegs gewesen und habe sich verletzt. Über ihr Handy habe sie ihn informiert. Er sei hingefahren, habe sich Kind und Frau geschnappt und habe den Kinderwagen vergessen….
Angela Siebers Australian Shepard Emil macht den Abschluss für den Übungstag. Er sucht im Gelände – also im Garten – nach Magdalene Riegelmeyer. Emil weiß aber nur, dass er nach einem Menschen sucht. Würde er gezielt nach einer bestimmten Person suchen, wäre er ein so genannter Mantrailer. „Unsere Hunde sollen allerdings jeden finden“, betont Sabine Bahr, „man weiß ja zum Beispiel nie genau, wie viele Menschen überhaupt in einem Haus waren, wenn dort etwas passiert ist.“ Nicht nur Polizei und Feuerwehr können die Hilfe der Rettungshundestaffel anfordern. Auch Angehörige von Vermissten können sich bei der landesweiten Hotline melden: Tel. 0800/1921919. Von dort werden Einsätze verteilt.
Wer die Rettungshundestaffel unterstützen möchte, kann zum einen seine Immobilien oder sein Gelände für Übungseinheiten zur Verfügung stellen. Wer mit seinem Hund die zwei- bis dreijährige Ausbildung durchlaufen möchte, kann sich ebenfalls melden. Wichtig ist, dass der Hund ca. 40 Zentimeter groß ist und zwischen 0 und 3 Jahren alt ist. Aber nicht nur der Hund wird ausgebildet, Besitzer oder Besitzerin durchlaufen beim DRK ebenfalls Ausbildungen (z.B. Sanitätsschein C). Kontakt zu Sabine Bahr per Mail an: sabine.bahr(at)drk-re(dot)de
Quelle: Recklinghäuser Zeitung