· Archiv 1999

Auslandseinsatz für das IKRK und die Föderation

Die Teilnehmer von links nach rechts: hintere Reihe: Thomas Müller (57072 Siegen / LV Westf.-Lippe), Karl-Heinz Ruf (66507 Reifenberg / LV Rheinland Pfalz), Ralf Gericke (46049 Oberhausen / LV Nordrhein), Axel Riemann (47839 Krefeld / LV Nordrhein), Karlheinz Klutinus (53881 Euskirchen / LV Nordrhein), Alexander Preisler (21035 Hamburg / LV Hamburg), Dieter Hebeler (52428 Jülich / LV Nordrhein), Klaus-Dieter Beppler / Kassenverwalter (45770 Marl / LV Westf.-Lippe) vordere Reihe: Dieter Pohlmann (48727 Billerbeck / LV Westf.-Lippe), Carsten Weinem (48147 Münster / LV Westf.-Lippe), Ulrich Hajzel (48612 Horstmar / LV Westf.-Lippe), Bernhard Gryska-Niestroj (44651 Herne / LV Westf.-Lippe), Gerret Herbst (25358 Horst / LV Hamburg) Foto: Frank-Michael Fay / Konvoileiter (32584 Löhne / LV Nordrhein)
K.-D. Beppler vor seinem LKW Foto: Frank-Michael Fay / Konvoileiter

Albanien-/Mazedonieneinsatz April/Mai 1999 / Në Shqipëri/Maqedonia Prill/Maj 1999 /
14 DRK-Helfer mit 7 LKWs auf dem Weg nach Albanien und Mazedonien

Am Dienstag, den 13. April 1999 starten wir gegen 12.00 Uhr mit 14 Rotkreuzhelfern und 7 Lastkraftwagen, beladen mit Hilfsgütern, von der DRK-Bundesschule Meckenheim-Merl zu einem 4wöchigen Einsatz nach Albanien.

Bei den LKW's handelt es sich um ehemalige Bundeswehrfahrzeuge (DB 1017), die umlackiert und mit entsprechender Beschriftung versehen wurden.

Einerseits haben wir die Aufgabe, die mit Hilfsgütern beladenen Fahrzeuge nach Albanien zu überführen, andererseits sollen wir vor Ort mit den Fahrzeugen Transporte zwischen Hafen, Flughafen, Lagerhäusern und Verbrauchsstellen übernehmen.

Leiter des Konvois ist Frank-Michael Fay (LV Nordrhein), mit der Verwaltung der Finanzen wurde Klaus-Dieter Beppler beauftragt (LV Westfalen-Lippe).

Die weiteren Helfer sind Bernhard Gryska-Niestroj, Ulrich Hajzel, Thomas Müller, Dieter Pohlmann, Carsten Weinem (LV Westfalen-Lippe), Gerret Herbst, Alexander Preisler (LV Hamburg), Ralf Gericke, Dieter Hebeler, Karlheinz Klutinus, Axel Riemann (LV Nordrhein) und Karl-Heinz Ruf (LV Rheinland-Pfalz).

Am Mittwoch, den 14.04.99 erreichen wir gegen 01.35 Uhr die Österreichische Grenze. Wegen eines Kupplungsschadens an einem der LKW's müssen wir eine Werkstatt aufsuchen und können somit erst am späten Nachmittag die Weiterreise antreten und erreichen gegen 17.25 Uhr die Italienische Grenze.

Am Donnerstag, den 15. 04. 1999 erreicht unser Konvoi um 13. 00 Uhr den Hafen von Ancona. Frank Fay nimmt sogleich Kontakt mit dem IKRK in Ancona auf und informiert über unsere Ankunft. Von dort erreicht uns die Entscheidung, daß 3 Fahrzeuge mit ihrer Ladung über Griechenland nach Skopje (Mazedonien) und die anderen 4 Fahrzeuge wie vorgesehen nach Albanien weiterfahren sollen. 3 der für Albanien vorgesehenen Fahrzeuge werden im Warehouse des IKRK in Ancona abgeladen und mit neuen Hilfsgütern (Zelte und Nahrungsmittel) beladen.

Nachdem die neuen Fahrzeugbesatzungen eingeteilt sind, verbringen wir nach 2 Nächten im LKW die erste Nacht in einem Hotel - endlich duschen und ein richtiges Bett.

Am Freitag, den 16.04.99 heißt es dann Abschied nehmen von den 6 Kameraden, die nach Skopje fahren und den 2 Kameraden, die wieder nach Bonn und Münster zurückkehren müssen. Um 20.00 Uhr ist es dann soweit, die Wege trennen sich, der Abschied fällt uns allen sichtlich schwer. In dieser einen Woche ist aus den 14 Helfern eine verschworene Gemeinschaft, ein richtiges Team geworden.

Am Samstag gilt es nun auch für uns, die Fahrzeuge für die Überfahrt nach Albanien vorzubereiten, das Gepäck zu verladen und die notwendigen Papiere und Dokumente vorzubereiten. Gegen 18.00 Uhr beginnen auch wir unsere Fahrzeuge zu verladen und beziehen unsere Kabinen auf dem Schiff. Um 20.30 Uhr legt dann die Fähre "Espresso Venezia" vom Hafen in Ancona ab und bringt uns unserem Ziel näher.

Nach mehr als 18 Stunden erreichen wir mit der Fähre am Sonntag, den 18.04.1999 gegen 14.45 Uhr den Hafen von Durres in Albanien. Nach Erledigung der Zoll- und Visaformalitäten können wir mit den Fahrzeugen die Fähre um 17.15 Uhr verlassen und stehen nun im Zollhafen, wo es offensichtlich Probleme mit der Abfertigung gibt. IKRK und Föderation sind nicht erreichbar, da sie z.Zt. in ein neues Gebäude umziehen und die neuen Telefonnummern teilweise noch nicht geschaltet bzw. noch nicht bekannt sind. Während die Zollformalitäten für die Ladung der Fahrzeuge verhältnismäßig zügig erledigt sind, gibt es erhebliche Probleme mit der Einfuhr der 4 LKW's. Wir sollen für jeden LKW 2.500,- DM Einfuhrzoll bezahlen, obwohl die Fahrzeuge als Spende für das Albanische Rote Kreuz vorgesehen sind. Endlich ist es soweit, nach 8 Tagen, am Sonntag den 25.04.99 können wir mit unseren Fahrzeugen um 20.45 Uhr den Zollhafen verlassen, ohne einen Pfennig zu bezahlen.

Die Wartezeit nutzen wir, um uns die ersten Eindrücke von Albanien zu verschaffen und die Wege zur Delegation, zum Warehouse und zur Botschaft in Tirana zu erkunden.

In der Zwischenzeit fliegen G. Herbst und K. Klutinus am Mittwoch, den 21.04.99 nach Bonn zurück um einen Werkstattwagen des DRK nach Tirana zu holen. Dieser Wagen wird in Tirana dringend benötigt, um die notwendigen Wartungs- und Reparaturarbeiten an den zahlreichen LKW's und Geländefahrzeugen durchführen zu können.

Am 28.04.99 erreichen die beiden Rotkreuzhelfer am späten Nachmittag wieder den Hafen von Durres, mit der 1. Überfahrt der vom IKRK eigens für künftige Rotkreuztransporte gecharterten Fähre.

Der Wagen wird sogleich am nächsten Morgen nach Tirana gebracht, wo er bereits sehnsüchtig von der Werkstattcrew erwartet wird.

Nach den achttägigen Erfahrungen mit dem albanischen Zoll im Hafen von Durres und den aufgebauten Connection, verlief die Zollabfertigung diesmal zügig.

Nach tagelangem Warten können wir nun endlich mit unserer Mission beginnen. Über Nacht waren die beladenen Fahrzeuge im Warehouse der Föderation in Durres untergestellt. Am Montag, 26.04.99 geht dann der erste Transport von Durres zum Warehouse nach Tirana. In den nächsten Wochen führen wir Transporte von Durres nach Tirana, von Tirana nach Elbasan, Shkoder, Kukes und anderen Orten durch.

Alle transportierten Hilfsgüter werden sorgfältig erfaßt und verbucht, sowohl beim Verladen, als auch bei der Ablieferung in den Zwischenlagern. Es ist schon wichtig, nachweisen zu können, wo die großen Mengen Lebensmittel, Hygieneartikel, medizinischen Hilfsmittel, Zelte und Decken verblieben sind, daß sie auch dort ankommen, wo sie dringend benötigt werden.

Aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse sind die Fahrzeiten keineswegs mit den Verhältnissen in Deutschland vergleichbar. Beschädigte Straßen, Schotterstraßen und fehlende Kanaldeckel, Schafe, Ziegen, Kühe, Esel und Schweine laufen frei auf den Straßen herum, Esels- und Pferdekarren behindern den Verkehr. So benötigt man für die 190 km von Tirana nach Kukes ca. 10 Stunden durch die an sich reizvolle Berglandschaft.

Die Konvois bestehen in der Regel aus 3 bis 4 Lastwagen und werden immer durch ein Begleitfahrzeug angeführt. Funkverbindung besteht zwischen den Fahrzeugen und auch den Delegationen in Tirana und dem Zielort.

A. Preisler, K.-H. Ruf und K.-D. Beppler verlängern ihren Aufenthalt nach Zustimmung der Arbeitgeber um 2 Wochen, G. Herbst und F.-M. Fay fliegen am Samstag, den 08. Mai 1999 wieder zurück nach Deutschland.

Am Donnerstag, den 13.05.99 starten wir früh um 05.30 Uhr mit unseren 4 LKW's, die mit je 1.000 Lebensmittelpaketen (je 5 to.) beladen sind, und einem Begleitfahrzeug in Richtung Kukes, wo wir für 1 Woche lang vor Ort eingesetzt werden, um Hilfsgüter zu transportieren.

Am Mittwoch, den 19. Mai 1999 ist der Albanieneinsatz auch für die letzten 3 Helfer beendet und wir fliegen mit dem Helikopter des IKRK zurück nach Tirana. Die Fahrzeuge bleiben zurück in Kukes und stehen der dortigen Delegation weiter zur Verfügung. Am Donnerstag geht es dann mit einer Transall der Bundeswehr zurück nach Deutschland und nach einem Zwischenstop in Landsberg landen wir am Freitag, den 21. Mai gegen 08.00 Uhr wohlbehalten auf dem Flughafen Köln/Bonn und erreichen gegen 09.30 Uhr die Bundesschule in Meckenheim-Merl, wo unser Einsatz vor gut 5½ Wochen begonnen hatte.

-------------------------------------

Als Rotkreuzler wurden wir fast täglich angesprochen und hatten sehr viele Kontakte und zum Teil ausgiebige Gespräche mit Albanern und auch mit den Kosovo-Flüchtlingen. Viele sprachen Deutsch, hatten in Deutschland gearbeitet oder haben hier noch Verwandte. Manche wollten wissen, wie sie nach Deutschland kommen können, andere wollten einfach nur wissen, wie sie Kontakt zu ihren Angehörigen in Deutschland aufnehmen können, manche waren aus Deutschland angereist um in Albanien ihre Angehörigen zu suchen. Einige suchten nach Arbeit und erhofften sich von uns Fürsprache um beim Roten Kreuz in der Delegation, im Warehouse, als Dolmetscher oder Fahrer zu arbeiten. Viele Flüchtlinge wollten aber einfach nur mit uns reden und sich in ihrem Kummer und Leid mitteilen. Von unvorstellbarem Leid und Grausamkeiten jenseits jeglicher Vorstellungskraft haben wir von den Flüchtlingen gehört. Sie waren dankbar dafür, wenn wir uns die Zeit genommen und einfach nur zugehört haben.

Körperlich waren die Flüchtlinge den Umständen entsprechend in verhältnismäßig guter Verfassung, die Verpflegung soweit wir das sehen konnten, ist gesichert und ausreichend. Doch die seelischen Probleme sind enorm und ich denke, es wird sicherlich noch Generationen dauern, bis die Menschen die Erlebnisse verarbeitet haben und ein friedliches Miteinander der Volksgruppen wieder möglich sein wird. Hinzu kommt der Umstand, zum Nichtstun verurteilt und von Spenden abhängig zu sein.

Neben all den traurigen Flüchtlingsproblemen und deren tragische Erlebnisse haben wir jedoch auch sehr viel positives erfahren dürfen: die Zuneigung und große Dankbarkeit der Flüchtlinge und Menschen in Albanien, das Erleben einer großen internationalen Rotkreuzfamilie mit gleichgesinnten Menschen aus der ganzen Welt waren schon überwältigende Eindrücke, die wir wohl nie vergessen und die sicherlich einen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen werden.

Wir haben festgestellt, daß das Rote Kreuz mehr denn je seinen Stellenwert in unserer Gesellschaft hat und für die Menschen in Not weiterhin ein Zeichen für Schutz und Hilfe bedeutet.

Erläuterungen:
IKRK - Internationales Komitee des Roten Kreuzes, Sitz in Genf
Föderation - Zusammenschluß aller nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften, Sitz in Genf
Delegationen - Vertretungen des IKRK und der Föderation in verschiedenen Orten in Albanien, Hauptsitz in Tirana
Warehouse - Lagerhaus für die Zwischenlagerung und Weiterverteilung aller Hilfslieferungen des Roten Kreuzes

⇒ hier geht es zur Fotogalerie

Bericht:
© kdb 06/1999
Klaus-Dieter Beppler, Halterner Straße 525, 45770 Marl
klaus-dieter.beppler@drk-re.de